Es ist 6.30 Uhr und ich werde vom Klingeln meines Weckers wach. Wie fast jeden Morgen drücke ich den Schlummermodus meines Handys und denke mir nur: Ich will nicht aufstehen und zur Schule. Ich behaupte einfach mal, dass dies ganz normale Gedanken einer 17-Jährigen sind. Ich überlege, welcher Tag heute ist - es ist Freitag: Doppelstunde Politik/Wirtschaft, Doppelstunde Religion, zwei Freistunden und zwei Stunden Biologie, eigentlich einer meiner Lieblingstage. Hustend und schlapp begebe ich mich also ins Bad und mache mich für die Schule fertig, ich schreibe meinem Freund noch kurz eine Nachricht und fahre los. Noch viermal schlafen und ich darf endlich alleine mit dem Auto zur Schule fahren, denn der 20. September steht vor der Tür. Endlich 18, endlich alleine Auto fahren und auf Partys ab 18! Nachdem ich die vorherigen Tage mühsam verbrachte, wurde meine seit Juli andauernde Erkältung immer schlimmer. „Na super, wieder Antibiotikum und der ganze Quatsch.“, sage ich genervt zu meinem Freund Yale. „Fang damit doch erst morgen an, sonst kannst du heute Abend nicht trinken.“, antwortet er. Und nun ist es auch schon soweit: 23:59 Uhr - okay, gleich bin ich 18. Anstatt mich darauf zu freuen, denke ich bloß: Ich muss nur ein bisschen trinken und morgen noch einmal zur Schule gehen, dann ist endlich Wochenende. Am nächsten Tag, an meinem 18. Geburtstag, fahre ich in meiner Freistunde nach Hause. Ich komme wieder komplett verschwitzt und außer Atmen Zuhause an. Ich esse schnell etwas und fahre danach mit dem Auto zur Schule. Nach der Schule fahre ich dann noch schnell zu meinem Freund, welcher mit 18 roten Rosen und einem strahlenden Lächeln vor seinem Haus auf mich wartet. Den Geburtstag bringe ich völlig fertig hinter mich. Trotz sehr vieler Arztbesuche und Medikamente werde ich diese Erkältung einfach nicht mehr los. Da ich ein sehr sportlicher Mensch bin, denke ich nicht weiter drüber nach - ich meine, jeder kennt das doch mit diesen Erkältungen, man verschleppt sie eben leicht. Also sollte ich in Zukunft vielleicht etwas kürzer treten, um mich von der Erkältung zu erholen. Das heißt für mich: Mein Sportabi und Fußball erstmal auf Eis legen. Allerdings wird die Erkältung auch dadurch kein bisschen besser. Vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich eigentlich 2017 mein Abitur absolvieren wollte. Ich habe bis dato ein glückliches Leben geführt und es war eigentlich alles in Ordnung. Wenige Tage nach meinem Geburtstag, vom 24.09.2016 bis zum 29.09.2016, geht es dann auf Seminarfahrt nach Wien und das Wochenende darauf verbringe ich mit meinem Freund in der Wohnung meiner Schwester. In Wien ist auch alles soweit in Ordnung, bis auf die letzten zwei Tage, an denen zum Nachtschweiß noch viele blauen Flecken unter meiner Brust hinzukommen. Wien ist eine super schöne Stadt, die ich gemeinsam mit meinen besten Freunden erkunden konnte. Somit war eigentlich alles gut und verlief normal - wie bereits gesagt: bis auf, dass ich zusätzlich totale Hitzewellen bekam und mein Gesicht und Dekolleté die letzten zwei Tage derartig angeschwollen waren, dass ich mich selbst fragte, wieso ich plötzlich so viel zunehme. Ich habe mir dabei nichts Schlimmes gedacht, ich war in der letzten Zeit schließlich oft genug bei verschiedenen Ärzten und wenn diese mir sagen, es sei alles normal, wird das auch so sein. Wie gesagt, darauf das Wochenende befinde ich mich dann in der Wohnung meiner Schwester. Franzi wohnt gemeinsam mit ihrem Freund Jonas zusammen. Da die beiden in den Urlaub fahren wollten und ihre beiden Katzen nicht alleine bleiben sollten, freuen Yale und ich uns, ein gemeinsames Wochenende dort verbringen zu können. Mir geht es zwar immer noch nicht viel besser, aber das geht bestimmt wohl irgendwie. Ich erinnere mich noch genau daran, dass meine Schwester meinte, dass ich echt nicht gut aussehe und bloß auf mich aufpassen soll. Doch was sollte ich machen? Ich nahm ständig Medikamente, doch es wurde ja einfach nicht besser. „Mir geht es gut, ehrlich.“, wiederholte ich die ganze Zeit. Im Nachhinein frage ich mich auch, wieso ich das Ganze nicht noch ernster genommen habe und nicht noch einmal zum Arzt gegangen bin. Ich denke, jeder von euch kennt es: Man rennt nicht direkt wegen jeder Kleinigkeit zum Arzt. „Yale wach bitte auf, ich bekomme so schlecht Luft!“, wiederhole ich immer wieder panisch. „Yale, Yale.“, versuche ich ihn wach zu rütteln, keine Reaktion. Aus purer Angst heraus schreibe ich meiner Mama. Doch natürlich ist Mama am schlafen und guckt erst am nächsten Morgen auf ihr Handy. Ich bekomme immer schlechter Luft und unterhalb meiner Brust bilden sich immer mehr blaue Schnürungen. Schlafen ist so gut wie unmöglich, denn entweder wache ich schweißgebadet auf oder ich ringe nach Luft und habe das Gefühl zu ersticken. Und dann steht auch noch ein Fußballspiel an. Ich hole meine Freundin ab und wir fahren zum Treffen des Spiels, wo ich erstmal wieder nur weine, weil ich mich derartig schlecht fühle - ich habe dann auch nicht mitgespielt, sondern nur zugeguckt. Als meine Schwester dann wieder aus dem Urlaub zurück ist, machen meine Mutter und ich uns am 04.10.2016 auf den Weg ins Krankenhaus, wo eine Ärztin kurz einen Blick auf mich werfen sollte. Es wird auf die allergische Schiene getippt und ich soll es weiter mit Cortison probieren. In der Zwischenzeit hat meine Mutter es doch tatsächlich geschafft, einen Termin bei einem Internisten zu erhalten, jedoch erst für den 07.10.2016 – alle anderen Ärzte hätten mir den Termin noch viel später gegeben. Wieso auch immer sind meine Mama und ich dann noch zum HNO-Arzt gefahren - in der Hoffnung, dass dieser mich um 17:30 Uhr noch kurz angucken kann. Nach einer Diskussion mit den Sprechstundenhilfen kommt der HNO-Arzt und nimmt sich die Zeit, um mich zu untersuchen. Nach gerade einmal fünf Minuten heißt es plötzlich: „Frau Buscher, packen Sie Klamotten ein und begeben Sie sich auf direkten Wege nach Münster. Ich werde Sie dort als Notfall anmelden!" Mir schießen unendlich viele Fragen durch den Kopf: Wieso nach Münster? Hat das nicht noch Zeit bis morgen, es ist doch schon so spät? Wieso als Notfall? Was ist denn mit mir? Naja, lange Zeit zum Nachdenken habe ich nun erstmal nicht. Ich fahre erst zu meiner Schwester, um meine Schlafsachen zu holen, fahre dann nach Hause, um noch frische Kleidung einzupacken und dann geht es um 21:00 Uhr los in Richtung Münster. Nach sehr langer Fahrt- und Wartezeit in der HNO-Klinik geht es in die Klinik für Herz und Kreislauf, auch hier müssen wir ewig lange warten. Inzwischen ist es lange nach 00:00 Uhr und ich gehe nochmal die Überweisung, die der HNO-Arzt mir geschrieben hatte, durch. Lymphom stand drauf - was könnte das sein? Ich google und bin sichtlich geschockt, als dort etwas von Krebs steht. Aber ihr wisst sicherlich auch, wenn man irgendwelche Dinge bei Google eingibt, steht dort meistens, dass man am nächsten Tag direkt stirbt. Ich übertreibe hier ein wenig, aber ich denke, ihr wisst, wie ich das meine. Ich versuche mir das Ganze schön zu reden: Ich bin so ein junger und gesunder Mensch, ich habe niemals im Leben Krebs. Nach sehr vielen Untersuchungen wird schließlich ein Pleuraerguss entdeckt. Dieser muss sofort punktiert werden und es kommen beinahe drei Liter Flüssigkeit heraus. Inzwischen ist es schon 5:00 Uhr nachts und ich werde der Onkologie und Hämatologie zugewiesen. Da liege ich nun nach einem so anstrengenden Tag auf einem Zimmer mit einem jungen Mädchen, das Krebs hat. Das einzige was ich noch denken konnte, war, dass sie hoffentlich bald gesund ist, denn so jung zu sein und Krebs zu haben, das muss schrecklich sein. Schließlich fährt meine Mama dann noch um 5:00 Uhr den ganzen Weg nach Hause, nur um kurz schlafen zu können. Fortsetzung folgt…
29 Kommentare
Yale
9/1/2017 07:10:34 pm
Sehr schön geschrieben mein Schatz! Bin so stolz auf dich❤
Antwort
Klausi
9/2/2017 08:13:31 am
Wir auch....❤💪🖒❤❤
Antwort
Alina
9/5/2017 10:22:25 am
Hii elisa
Antwort
Lisa
9/1/2017 07:27:15 pm
Heii Elisa,
Antwort
Kerstin
9/1/2017 07:30:04 pm
❤️Rührt mich zu Tränen und das von Anfang an, liebes Großcousinchen.
Antwort
Lina
9/1/2017 07:43:30 pm
Hey Elisa,
Antwort
Miriam
9/1/2017 07:48:52 pm
Hallo Elisabeth,
Antwort
Klaus Buscher
9/2/2017 08:07:53 am
Das werden wir liebe Miriam...
Antwort
Marie
9/1/2017 08:18:54 pm
Hey Elisa,
Antwort
Dani
9/1/2017 08:45:29 pm
Toll geschrieben:-))) Du bist eine so hübsche und starke junge Dame. I
Antwort
Jessica
9/1/2017 09:36:25 pm
Hallo Elisa,
Antwort
Vanessa
9/1/2017 09:41:23 pm
Wow, Elisa was hast du das schön geschrieben 😳😞. Man ist zu Tränen gerührt. Du bist eine wahre Kämpferin ! Sehr sehr sehr schön 😊
Antwort
Julia
9/2/2017 12:34:25 am
Hey liebe Elisa 😊
Antwort
Mila
9/2/2017 12:46:13 am
Liebe Elisa,
Antwort
Regina
9/2/2017 01:00:02 am
Hey liebe Elisa,
Antwort
Svenja
9/2/2017 04:37:59 pm
Bessere Worte hätte ich für Elisa nicht finden können, liebe Regina.
Antwort
Claudia
9/2/2017 09:50:46 am
Hey Elisa,
Antwort
Rosi Niebuhr
9/2/2017 12:20:34 pm
Super geschrieben Elisa, hat mich tief bewegt, drücke dir die Daumen....🍀❤️
Antwort
Magdalena
9/2/2017 12:35:07 pm
Liebe Elisa,
Antwort
Olivia
9/2/2017 02:07:25 pm
Liebe Elisa,
Antwort
Kat
9/2/2017 05:56:13 pm
Hi Elisa,
Antwort
Mirja
9/2/2017 07:42:58 pm
Hallo Elisa,
Antwort
Sara
9/3/2017 12:51:43 am
Hey Elisa
Antwort
Paula
9/3/2017 01:34:15 am
He, Elisa,
Antwort
Clarissa
9/3/2017 01:36:48 am
Da kann ich mich nur anschließen, in jeder Hinsicht: selbst erlebt wie Psyche einen Menschen bei dem Kampf enorm unterstützen kann und alle positiven Gefühle und Momente, egal wie klein die sind helfen.
Antwort
Miriam
9/3/2017 01:39:44 am
Stimmt leider... 😞 Mich hat verwirrt was jetzt an deinem 18. Geburtstag war und wann genau in dem Text Bereich was passiert ist und ich wusste es so gerne 😘
Antwort
Paula
9/3/2017 02:35:49 pm
Stimmt leider 😞😞😘😘♥️♥️
Jasmina
9/4/2017 03:16:28 pm
Du hast ein echtes talent zum Schriftsteller 👍 und deine geschichte berührt mich total viel glück noch ich freu mich auf die Fortsetzung 😍❤
Antwort
Alina
3/2/2019 11:13:07 pm
Elisa, dieses zu lesen tut selbst mir weh. Es muss einfach nur schrecklich sein sowas in so jungen Jahren zu erfahren und du weißt ich hab es neben einer wichtigen Person (du weißt wen) miterlebt und es auch als ganz schlimm empfunden...
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EnjoyMit Liebe, teilweise auch Tränen & viel Mühe sind all meine Texte verfasst worden ! Archiv
Dezember 2018
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